Mit dem Greenscreen in eine andere Welt
Wie realistisch virtuelle Umgebungen erstellt werden können
Wie realistisch virtuelle Umgebungen erstellt werden können
Autor: Matthias Weiner, VFX Supervisor der Sons of Motion Pictures GmbH
Entdecken Sie die faszinierende Welt des Greenscreens. Grüne Hintergründe, die durch aufwändige Nachbearbeitung in beeindruckende Landschaften oder futuristische Welten umgewandelt werden, sind in der Film- und Videoproduktion schon lange eine gängige Praxis. Ob für Filmproduktionen, Fotoshootings oder Livestreams – der Greenscreen bietet Ihnen endlose Kreativität und Freiheit. Erfahren Sie mehr über die Technik und ihre zahlreichen Anwendungsbereiche.
Jeder hat vermutlich schonmal von dem grünen Hintergrund in einem Fernsehstudio, an Filmsets oder bei YouTube-Videos gehört. Dabei handelt es sich um den berühmten Greenscreen. Bei der Planung eines Filmprojekts fällt nicht selten der Vorschlag: „Lasst uns das doch mit Greenscreen machen“. Auf den ersten Blick macht dies auch Sinn, schließlich ist es sehr teuer nur für den Hintergrund komplexe Filmsets zu bauen oder in fremde Länder zu fliegen. Doch ist das auch wirklich immer die beste Lösung? Und wie lässt es sich grundlegend umsetzen? In diesem Beitrag möchten wir dies näher erläutern.
Das Ersetzen der grünen Farbe durch einen anderen Hintergrund wird im Englischen als „chroma keying“ bezeichnet, im Deutschen „farbbasierte Bildfreistellung“. Vereinfacht gesagt, wird alles, was eine bestimmte Farbe hat, gegen ein neues Motiv ausgetauscht. So kann die Darstellerin oder der Darsteller beispielsweise vor einem traumhaften Strand oder auf einem fremden Planeten stehen.
Die Methode kann auch für sogenannte „Set-Extensions“ verwendet werden. Hierbei wird eine real gedrehte Szene anschließend digital erweitert. So kann man beispielsweise einige wenige real existierende historische Gebäude so erweitern, dass daraus eine ganze Stadt aus dem 18. Jahrhundert wird. Die Greenscreen-Technik ist auch hilfreich, um Objekte aus einem Film zu entfernen. Zum Beispiel kann ein Körperteil einer Person grün verdeckt werden, um eine Amputation darzustellen.
Zusammenfassend können wir als sagen, dass das Arbeiten mit der Greenscreen Technik extrem vielfältig und grenzenlos ist, um beeindruckende Bilder zu erzeugen.
Warum wird dann nicht eigentlich alles vor einem Greenscreen gedreht? Das liegt daran, dass der Prozess leider nicht so einfach ist, wie man vielleicht denken mag. Das Drehen vor einem Greenscreen erfordert eine detaillierte Planung, viel Vorstellungskraft, eine ausgezeichnete Beleuchtung, im besten Fall auch hochwertige Kameratechnik, zusätzliches Personal am Set sowie umfangreiches Fachwissen und Arbeitskraft in der Postproduktion. All diese Anforderungen können das Budget eines Films erheblich erhöhen und somit die Rentabilität des Projekts beeinträchtigen.
Daher sollte Greenscreening nur dann verwendet werden, wenn es wirklich unverzichtbar ist.
Der Greenscreen ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Film- und Videoproduktion. Allerdings gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten, damit die Ergebnisse überzeugen und professionell wirken. Wir helfen Ihnen mit fünf praktischen Tipps, um den Greenscreen erfolgreich einzusetzen. Von der Vorbereitung des Sets bis hin zu technischen Aspekten wie Beleuchtung und Kameraeinstellungen, hier finden Sie wertvolle Hinweise für Profis und Amateure, um ihre Greenscreen-Produktionen auf das nächste Level zu bringen.
Wenn ein Projekt mit Greenscreen-Technik geplant wird, sollte zunächst genau festgelegt werden, an welchen Stellen im Projekt diese eingesetzt und welches Ziel damit genau verfolgt wird. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass am Ende viele Personen am Set beteiligt sind und nur wenige genau wissen, worauf beim Greenscreening zu achten ist. Daher ist in aller Regel ein detailliertes Storyboard unverzichtbar. Auf diese Weise ist jeder Beteiligte vor Drehbeginn über die erforderlichen Maßnahmen informiert. Diese Vorbereitung sollte nicht unterschätzt werden, denn selbst erfahrene Kameraleute und Beleuchter*innen können Fehler begehen, die den Aufwand in der Postproduktion erheblich erhöhen.
Welches Material sollte für den auszuschneidenden Hintergrund verwendet werden? Grundsätzlich ist dies fast nebensächlich, solange es eine gleichmäßige Farbe und eine möglichst matte Oberfläche hat. Farbiges Hintergrundpapier, etwa von Tetenal, in „Studio Blue“ oder „Chromagreen“ ist ideal und relativ kostengünstig. Verbrauchte Teile können einfach abgeschnitten werden. Für dauerhafte Installationen eignen sich auch farbiger Molton oder Wandfarben. Allerdings sind diese empfindlicher gegen Schmutz und müssen sorgfältiger behandelt werden. Ein wolkenloser blauer Himmel kann ebenfalls als perfekter Bluescreen dienen, wenn Personen auf einem Podest stehen. Allerdings sollte man mit letzterem eher selten planen 😉
Es muss also nicht immer Grün sein! Generell sind Grün und Blau am besten für das Keying geeignet, da sie in menschlichen Hauttönen selten vorkommen. Wenn jedoch jemand in einem grünen Kostüm aufgenommen wird, kann auch Rot verwendet werden. Bei feinem blondem Haar kann ein Bluescreen oft bessere Ergebnisse erzielen, da bei grünem Hintergrund die Kanäle Blau und Rot vom grünen Kanal subtrahiert werden, was das Chroma Keying erschwert.
Es ist wichtig, immer das Kostüm der Darsteller*innen im Auge zu behalten. Wenn die Protagonistin oder der Protagonist eine Farbe tragen soll, die dem Hintergrund entspricht, sollte eine andere Hintergrundfarbe gewählt werden. Feinmaschige, kleinkarierte oder linierte Stoffe können problematisch sein, da sie einen sogenannten Moiré-Effekt erzeugen. Dies kann dazu führen, dass unerwünschte Farben durch das Keying verschwinden und aufwändig maskiert werden müssen.
Ein weiterer Vorteil von grünen Hintergründen ist die Struktur heutiger Bildsensoren, sogenannte Bayer-Sensoren. Diese berechnen jeweils einen sichtbaren Pixel aus vier Sub-Pixeln. Da jedoch nur drei Farben – Rot, Grün und Blau – erfasst werden, wird eine Farbe doppelt benötigt, nämlich Grün. Dies liegt möglicherweise daran, dass Menschen grüne Nuancen am besten wahrnehmen können und blaue am schlechtesten. Heutige Sensoren weisen die höchste Auflösung und das geringste Rauschen im grünen Farbkanal auf, weshalb der Greenscreen häufiger als der Bluescreen verwendet wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Greenscreen für die meisten Anwendungen die besten Ergebnisse liefert. Abhängig vom Motiv und der konkreten Anwendung kann jedoch die Verwendung einer anderen Farbe sinnvoll sein.
Die Beleuchtung ist entscheidend für den Unterschied zwischen einem gutem und einem schlechtem Greenscreening. Generell sollte zunächst der Greenscreen und danach erst der Vordergrund bzw. das Motiv beleuchtet werden.
In der Praxis wird der Hintergrund mit möglichst diffusen Lichtquellen ausgeleuchtet. An der Kamera sollte im jeweiligen Farbkanal eine Luminanz von etwa 55 % erreicht werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Eine gleichmäßige Beleuchtung erleichtert es der Software, den Hintergrund vom Vordergrund zu trennen und Schatten von Motiven und Objekten zu übernehmen.
Bei der Beleuchtung des Vordergrunds ist darauf zu achten, dass die Luminanzwerte zwischen 0-100 % liegen, ohne „auszubrennen“ oder „abzusaufen“. Die Beleuchtung des Motivs sollte auch der später eingefügten Hintergrundszene entsprechen. Je besser die Lichtsituationen gestaltet sind, desto besser lassen sich die Motive in virtuellen Umgebungen einfügen.
Für die Beleuchtung kann grundsätzlich Licht in jeder Farbtemperatur verwendet werden, wobei weißes Licht (Tageslicht) ideal ist. Es gibt verschiedene Methoden, um ein möglichst perfektes Grün zu erzielen, wie fluoreszierende Greenscreens oder grün reflektierende Flächen, die mit Ringlichtern beleuchtet werden. Neueste LED-Technik ermöglicht auch, nur grünes Licht auf den Greenscreen zu werfen.
Wichtig ist, dass die Darstellerin oder der Darsteller kein grünes Licht abbekommen (sei es durch das Leuchtmittel oder aufgrund der Lichtreflexion vom Greenscreenmaterial), um unerwünschte Verfärbungen zu vermeiden. Dies wird als Spill bezeichnet. Insbesondere die Hauttöne sollten, so weit es geht, unberührt bleiben.
In der Praxis ist ein Mindestabstand von neun Metern zwischen Motiv und Hintergrund empfohlen, aber aufgrund von Raum- und Budgetbeschränkungen oft nicht erreichbar. Verbesserte Software hilft jedoch, dieses Problem in der Postproduktion zu bewältigen.
Die Beleuchtungstipps lassen sich natürlich auch auf Hintergründe in anderen Farben anwenden.
Obwohl Chroma Keying mit einer Handykamera möglich ist, sind die Ergebnisse bei größeren und besseren Bildsensoren weitaus besser. Hierbei sind das Rauschverhalten und die Auflösung entscheidend, während die Framerate eher nebensächlich ist. Eine höhere Auflösung bietet der Software mehr Informationen für den Keying-Prozess und ein geringeres Bildrauschen sorgt für einen gleichmäßigeren Grünton.
Bei der Objektivwahl ist eine geringe chromatische Aberration wichtig für einen besseren Key-Effekt.
Die Belichtungszeit pro Bild, auch als Shutter Speed bezeichnet, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Obwohl die 180° Shutter-Regel ein natürlicheres Bild erzeugt, kann die Bewegungsunschärfe bei schnellen Objekten Probleme beim Keying verursachen. Daher empfiehlt es sich, mindestens mit einem 90° Shutter zu filmen und bei sehr schnellen Bewegungen sogar einen 45° Shutter zu verwenden. Die fehlende Bewegungsunschärfe kann später digital hinzugefügt werden.
Bei RAW-Formaten sollte außerdem der Weißabgleich nicht vergessen werden, um sicherzustellen, dass Grün auch wirklich Grün ist. Das Aufzeichnen in einem Farbformat wie REC709 ist ebenfalls empfehlenswert, da S-Logs, D-Logs und RED-Logs zwar mehr Dynamikumfang bieten, aber oft verrauschter und flacher aufzeichnen, wodurch wertvolle Greenscreen-Informationen stark komprimiert werden.
Sobald die Aufnahmen abgeschlossen sind, geht es in die Nachbearbeitung, wobei es eine Vielzahl von Softwareoptionen gibt. In diesem Fall konzentrieren wir uns auf das Adobe Suite-Umfeld. Sowohl Adobe Premiere als auch Adobe After Effects unterstützen das Chroma Keying, wobei für komplexere Projekte After Effects empfohlen wird. In After Effects gibt es das hauseigene Keylight-Tool, das für alle Chroma-Keying-Aufgaben geeignet ist. Zusätzlich gibt es den Primatte Keyer von RED Giant, der weitere Optimierungswerkzeuge bereitstellt.
Vor dem eigentlichen Keying sollte das Bild, unabhängig von seiner Rauscharmut, mit einem De-Noiser entrauscht werden. Neat Video ist für uns der beste De-Noiser. Es ist auch ratsam, das Projekt auf eine 16- oder besser 32-Bit-Farbtiefe umzustellen, um bessere Ergebnisse zu erzielen.
Nach dem Keying und der Farbkorrektur kann das Adobe Plug-In „Bewegungsunschärfe“ verwendet werden, um die während der Aufnahme entfernte Bewegungsunschärfe wiederherzustellen
Schließlich kommt man auch bei den besten Aufnahmen oft nicht umhin, manuelle Optimierungen vorzunehmen. Dazu gehört das Zeichnen von Masken für jedes Einzelbild oder sogar die individuelle Anpassung von Key-Einstellungen für Elemente wie Haare und Körper. Dieser Prozess ist meist zeitaufwändig, führt aber zu besseren Ergebnissen im Vergleich zu einem globalen Key.
Greenscreening oder Bluescreening erfordern viel Know-how. Es gibt enorm viel zu beachten. Nicht selten führen kleine Fehler während des Storyboardings oder am Set zu tagelangen Exzessen in der Postproduktion, die dann auch Deadlines gefährden.
Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass Greenscreening zwar praktisch sein kann, aber eben nicht immer die günstigste und erst recht nicht die sicherste Variante ist. Je nach Anforderung sollte man prüfen, ob ein Bühnenbau, eine gefertigte Requisite oder Effect-Make-Up nicht günstiger und optisch ansprechender wäre. Ebenfalls sinnvoll ist ein vorbereitender Test im kleinen Rahmen, um zu sehen, ob der geplante Greenscreen-Einsatz tatsächlich funktioniert.
Als Filmproduzent sollte man sich also stets seiner technischen Limitierungen und personellen Grenzen bewusst sein. Kunden sollten sich im Vorfeld Arbeitsproben und Referenzen zeigen lassen, oder auf einen Test bestehen. In diesem Sinne, frohes Keyen.
Ein Greenscreen ist ein grünes Stofftuch oder ein grüner Hintergrund, der in der Videoproduktion verwendet wird, um es später durch einen anderen Hintergrund zu ersetzen.
Ein Greenscreen, ist ein Verfahren, bei dem ein bestimmter Farbbereich, oft Grün oder Blau, in einem Bild oder Video ausgeschnitten und durch eine andere Szene oder Hintergrund ersetzt wird.
Für einen Greenscreen eignet sich sein ein einfarbiger Hintergrund in einer hellen Farbe, wie Grün oder Blau, am besten.
Ja, man kann sich einen Greenscreen aus einem grünen Stofftuch oder grüner Farbe, die auf eine Wand aufgetragen wird, bauen. Es gibt auch Greenscreen-Kits, die online oder im Fachhandel erhältlich sind.
Häufige Fehler bei der Verwendung eines Greenscreens sind schlechte Beleuchtung, Schatten, die auf den Greenscreen geworfen werden, ungleichmäßige Farbe und Unschärfe.
Wir freuen uns auf Ihren Kontakt!